BNN Neuaufteilung der Innenstadt
Neuaufteilung der Innenstadt zwischen den Verkehrsmitteln beginnt / Beteiligungsverfahren im September
Karlsruhe will sich stark verändern. Die U-Strab, Corona und die Klimakrise sind die Auslöser für einen absehbar großen Wandel zur ultimativen Fahrrad-City. Was wird sein? Naheliegend sind beispielsweise: Die Autos werden noch mehr ausgeschlossen, die nördliche Karlstraße wird zur Fußgängerzone. Der Strom der Durchradler wird auf Schnelltrassen über den neuen Boulevard Kriegsstraße gelenkt, sodass die dann schienenfreie Kaiserstraße und die Route Ludwigsplatz/Erbprinzenstraße als beruhigte Zonen für die Radler mit City-Ziel und für die Einkaufsbummler reserviert sind.
Es geht um nicht weniger als ein neues Gesicht für die Karlsruher Innenstadt. Ein dänisches Stadtplanungsbüro von Weltruf soll eine andere Mixtur der Nutzungen auf Plätzen und Straßen finden und die Mobilitätsverhältnisse neu ordnen. Gerade die weitere Machtverschiebung vom Auto zum Fahrrad und auf die eigenen zwei Füße gilt der Politik als Erfolgsrezept, um das City-Pflaster attraktiver zu machen.
Mit dem am Ende zwölfjährigen Stadtumbau per Kombilösung aus U-Strab und Autotunnel Kriegsstraße ist es Weihnachten 2021 ohnehin nicht vorbei. Das Pflastern der Fußgängerzone Kaiserstraße samt Europaplatz mit edlen Granitplatten wie auf dem Marktplatz schließt sich bis über die Mitte des Jahrzehnts an. Und nun wird mit dem städtischen Leitprojekt „Öffentlicher Raum und Mobilität der Innenstadt” (Örmi) noch ein drittes Großprojekt drauf gesattelt. Örmi soll alle Einzelprojekte bündeln und krönen.
Die global hochgeschätzten Strategen für eine moderne und damit radgerechte Stadt von Gehl People aus Kopenhagen mögen es nach dem Willen der Stadtpolitik richten. Mit viel Vorschusslorbeeren empfängt Oberbürgermeister Frank Mentrup die Impulsgeber aus dem skandinavischen Mekka des Radverkehrs.
Dazu beginnt am Donnerstag, 24. September, um 18 Uhr im Südwerk, Henriette-Obermüller-Straße 10, ein Beteiligungsverfahren. Wegen der Beschränkung auf 100 Teilnehmer ist eine Anmeldung bei der Stadt nötig. Dort werden die Dänen mit den Bürgern und im Verein mit Verkehrsplanern der Hamburger Firma Argus und Moderatoren von Weeber+Partner aus Stuttgart das Konzept zimmern. Im Frühjahr erwartet Mentrup ein Zwischenergebnis. Im Herbst 2021 soll der neue Rahmen für die City-Entwicklung fertig sein. So können die Ergebnisse von Örmi noch direkt in die ohnehin dann geplante Neugestaltung der Kaiserstraße und der Karlstraße, des Europaplatzes und des Kronenplatzes einfließen.
„Das international anerkannte Büro steht dafür, bei seinen Konzepten das öffentliche Leben und den menschlichen Maßstab in den Mittelpunkt zu rücken”, preist der OB die Dänen. Für Mentrup ist die konsequente Ausrichtung der öffentlichen Fläche auf die Bürgerbedürfnisse das A und O der Innenstadtentwicklung. Nur wenn man mit der Umgestaltung der City auf die neuen Entwicklungen angemessen reagiere, habe die Innenstadt eine lebendige Zukunft, meint er. Dabei geht es um die Reaktion auf den durch Corona verstärkten Run auf den online-Handel, auf die Hitze durch den Klimawandel sowie auf den Wunsch der Menschen nach einem Erlebnisangebot aus Einkaufen, Entspannen und Unterhaltung.
Neben der vom Land geforderten radikalen Mobilitätswende vom Auto zu Rad und Straßenbahn hat Karlsruhe als Magnet der Region demnach auch noch den großen Durchbruch zur interessanten Erlebniszone vor sich. Und nach dem Wunsch der Stadtpolitik sollen nun die Dänen mit dem Planerduft der großen Welt und zusammen mit dem Sachverstand der Bürger die Karlsruher Verhältnisse kräftig durchpusten.
Mentrup möchte die Plätze und die Kreuzungen der Fußgängerzone Kaiserstraße mit den Fächerstraßen mit jeweils eigener Gestaltung für die Nutzer profilieren. Dies kann zumindest teilweise den Abschied von einer homogenen Kaiserstraße als uniform frisch gepflastertem Flanierband vom Europaplatz bis zum Kronenplatz bedeuten. Mentrup meint, im Sinne der Bürger zu handeln, wenn über zehn Jahre alte Planungen wegen neuen Anforderungen an „die Aufenthaltsqualität der Stadt” verändert werden. Auf dem Europaplatz entsteht neue Nutzungsfläche, weil die Stadt nun doch die oberirdische Straßenbahnhaltestelle streichen will. Die Bahnen halten dann oberirdisch bei der Postgalerie nur noch um die Ecke in der Karlstraße. Mentrup erkennt da die Möglichkeit, die Fußgängerzone Kaiserstraße bis zum Kaiserplatz auszudehnen.
Brigitte Bundesen Svarre strahlt bei der Besichtigung der Karlsruher Möglichkeiten in der Karlstraße, wo in diesem Sommer wegen der Kombi-Baustelle Karlstor Palmen in Kübeln auf den Straßenbahnschienen wachsen dürfen. Die Vize-Chefin der Kopenhagener Planer schwärmt dort von Karlsruhe als einer deutschen „Pionierstadt” des Radverkehrs. Da lasse sich aber noch viel mehr erreichen, meint die Dänin, deren Büro schon die Straßen von New York und Melbourne umgemodelt hat.
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