Freitag, 15. Juli 2022

Wie sicher ist Karlsruhe für Radfahrende (BNN vom 9.7.2022)

 

9.7.2022

Wie sicher ist Karlsruhe für Radfahrer?

Unfallzahlen sind seit Jahren rückläufig – doch Verletzte und Tote gibt es immer wieder

Unser Redaktionsmitglied Ekart Kinkel hat wichtige Fragen und Antworten zum Thema zusammengestellt.

In Karlsruhe wird der Radverkehr intensiv gefördert. Jahr für Jahr sind in der fahrradfreundlichsten Großstadt Deutschlands deshalb mehr Zweiräder unterwegs und mittlerweile trägt auch die steigende Zahl von Pedelecs ihren Teil zu dieser Entwicklung bei. Doch wie sicher sind Fahrradfahrer in Karlsruhe? Gibt es bekannte Unfallschwerpunkte? Und wenn ja, wie werden diese entschärft? 

Wie entwickelt sich die Zahl der Fahrradunfälle in Karlsruhe?

Rückläufig. Zumindest in den vergangenen Jahren. 2021 wurden von der Verkehrspolizei im Stadtkreis Karlsruhe 590 Unfälle mit Fahrradbeteiligung erfasst. 2020 waren es 626, noch mehr verunfallte Fahrradfahrer gab es 2019 (686) und 2018 (684). Ob die Unfallzahlen ein Indiz für mehr Sicherheit sind, ist allerdings schwer zu sagen. Auf der einen Seite steigen Jahr für Jahr mehr Leute aufs Fahrrad um, auf der anderen Seite waren während der Corona-Lockdowns deutlich weniger Menschen auf den Straßen unterwegs.

Welchen Anteil an den Unfällen haben Elektroräder?

Einen steigenden. Im vergangenen Jahr war bei 17 Prozent der Radunfälle im Polizeipräsidium Karlsruhe ein Pedelec beteiligt. 2018 betrug der Anteil 7,8 Prozent, danach stieg der Anteil über 10,5 und 13,1 Prozent auf den Wert von 2021. Der Hauptgrund für diese Entwicklung ist nach Einschätzung der Polizei die steigende Beliebtheit von Elektrorädern. Auffallend: Das Durchschnittsalter der verunfallten Pedelec-Piloten war 2021 mit 52 Jahren um zehn Jahre höher als das der verunglückten Radler. 

Was sind die häufigsten Unfallursachen?

55 Prozent der Unfälle wurden 2021 von den Fahrradfahrern selbst verursacht. Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren einigermaßen konstant geblieben. Jeder fünfte Radunfall war dabei ein Sturz ohne Fremdeinwirkung. Weitere häufige Ursachen sind das Nichtbeachten der Vorfahrt, Fehler beim Einfahren in den fließenden Verkehr oder beim Abbiegen sowie fahren entgegen der vorgeschriebenen Radweg-Richtung. Lediglich ein kleiner Anteil der Unfälle wurde von Autos beim Überholen verursacht.

Was ist das Problem?

Die vielen verletzten Radler. Radfahrer haben im Gegensatz zu Autofahrern keine schützende Metallhülle um sich und kommen bei einem Unfall selten ohne Schrammen davon. Das zeigt der Blick ins vergangene Jahr. Bei 500 der 590 Unfälle verletzte sich mindestens ein Radler, 82 davon schwer. Sechs Menschen kamen in Karlsruhe zwischen 2018 und 2022 ums Leben. 

Warum starben sechs Radfahrer bei Unfällen?

Fünf wurden von Autos erfasst, einer von einer Bahn. Am 6. September 2018 missachtete ein 74-Jähriger am Kreisverkehr an der Grabener Straße die Vorfahrt und kollidierte mit einem Kleintransporter. Am 6. März 2018 kreuzte ein 80-Jähriger unvermittelt die Carl-Metz-Straße und wurde von einem Auto erfasst. Am 13. Januar 2020 übersah ein 87-Jähriger ein Warnsignal und wurde in Rüppurr von einer Straßenbahn erfasst. Am 1. Oktober 2020 übersah ein 81-Jähriger beim Queren der Elfmorgenbruchstraße ein Auto. Am 22. Juli 2021 prallte ein 67-Jähriger in der Kirchhofstraße mit einem Pedelec zusammen. Und am 21. Mai 2022 wurde ein 58-Jähriger beim Linksabbiegen von der Baumeisterstraße Richtung Staatstheater trotz Handzeichens von einem Autofahrer übersehen. 

Gibt es in Karlsruhe Unfallschwerpunkte?

Prinzipiell ja. Mehrere Fahrradunfälle passierten nach Angaben der Polizei in den vergangenen Jahren in der Kaiserstraße zwischen Hirschstraße und Kaiserpassage, auf der Gartenstraße beim Kreuzen der Brauerstraße, am Oststadtkreisel an der Stuttgarter Straße sowie vor dem Friedrichsplatz auf der Erbprinzenstraße. Nach Einschätzung der Stadt gibt es in Karlsruhe allerdings keine konkreten Unfallschwerpunkte, die ausschließlich auf den Radverkehr zurückzuführen sind. Stattdessen spricht die Stadt von Unfallhäufungspunkten. Identifiziert werden solche Punkte von der Unfallkommission mit Experten von Stadt und Polizei. 

Werden Unfallschwerpunkte entschärft?

Ja. Jüngstes Beispiel dafür ist die Gartenstraße. Weil bei der Querung der Brauerstraße Richtung Osten in den vergangenen drei Jahren acht Radler mit ihren Reifen in die Gleise gerieten und zu Fall kamen, wurde von der Stadt am rechten Fahrbahnrand ein absolutes Halteverbot verhängt. Seither können Radler die Schienen besser umfahren. An der Kreuzung von Reinhold-Frank-Straße und Sophienstraße wurde nach mehreren Unfällen die östliche Radverkehrsfurt der Nord-Süd-Verbindung zur Erhöhung der Sicherheit rot eingefärbt. Um besonders gefährliche Bereiche zu identifizieren und sicherer zu machen, wurde im Oktober 2021 erstmals eine Radverkehrsschau mit zahlreichen Radverkehrs- und Sicherheitsexperten organisiert. Bei der zweiten Radverkehrsschau im Mai wurden mögliche Verbesserungen für den Radverkehr an Gottesauer Straße, Ludwig-Erhard-Allee und Henriette-Obermüller-Straße diskutiert.

Was rät die Polizei?

Vorsichtig und vorausschauend Radfahren. Eine defensive Fahrweise kann nach Einschätzung der Verkehrspolizei Unfälle verhindern, außerdem kann dann auch besser auf Fehler von anderen Verkehrsteilnehmern reagiert werden. Vor Kopfverletzungen können sich Radler durch einen Helm schützen. Außerdem können Radler durch helle und reflektierende Kleidung besser auf sich aufmerksam machen.



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