Schon 2017 kam es an dieser Bücke zu einem schweren Unfall zwischen
Ride
of Silence am 17. Mai 2023
Auftaktkundgebung
Rednerin: Katrin Hillenbrand
Redemanuskript – es gilt das gesprochene
Wort.
Vielen Dank, dass ihr alle heute so zahlreich erschienen
seid.
Wir sind heute hier, um im Rahmen des Ride of Silence
denjenigen zu gedenken, die in den vergangenen Jahren im Straßenverkehr getötet
wurden.
In Karlsruhe stehen derzeit fünf Ghostbikes. Den drei
neuesten statten wir heute einen Besuch ab.
An jedem der drei Ghostbikes wird es eine kurze Ansprache
geben.
Verkehrsunfälle sind kein Schicksal, sondern eine Folge von
technischem Versagen oder – weitaus häufiger – menschlichem Versagen. Während
bei Autos eine Blechhülle kleine Fehler verzeiht, führen Zusammenstöße bei zu
Fuß Gehenden und Radfahrenden fast immer zu Verletzungen.
Jährlich werden ein bis zwei Radfahrende in Karlsruhe im
Straßenverkehr getötet.
Der Gemeinderat hat im Jahr 2005 mit dem 20-Punkte-Programm
eine Reduktion der Anzahl der schwerverletzten Radfahrenden um 25 Prozent
gefordert. Zwar ist der Radverkehrsanteil mittlerweile mehr als doppelt so
groß, die Anzahl dieser Unfälle ist unverändert hoch.
Der Gemeinderat hat im Oktober 2021 das Karlsruher Programm
für Aktive Mobilität beschlossen. Dieses fordert die Reduzierung dieser Zahl um
50 Prozent bis zum Jahr 2030. Bis 2035 soll es gar keine Fahrrad- und Fußgänger[1]Unfälle
mit schweren Personenschäden mehr geben.
Diese Vision Zero ist mit dem aktuellen Vorgehen
unerreichbar. Es genügt nicht, sich auf ein paar wenige Unfallhäufungsstellen
zu konzentrieren, wo aber nur ein kleiner Teil der Unfälle überhaupt geschieht.
Der zweite Platz im Fahrradklimatest darf nicht darüber
hinwegtäuschen, dass unsere Straßen immer noch für die Flüssigkeit des
Autoverkehrs gebaut sind und entworfen werden.
Es bedarf einer Prioritätensetzung, die ganz klar
„Sicherheit vor Leichtigkeit“ lautet. Es darf nicht sein, dass die Flüssigkeit
des Kraftverkehrs wichtiger ist als die Sicherheit der Radfahrenden, die bei
grüner Ampel geradeaus fahren und dabei gerammt werden. Straßen müssen so
gebaut sein, Ampeln müssen so geschaltet sein, dass kleine Fehler nicht zu Unglücken
führen.
Es darf nicht sein, dass eine Gefahrenstelle nicht
nachhaltig beseitigt werden wird, weil eine Umfahrungsstraße für Hagsfeld zur
Förderung des Autoverkehrs 70 Millionen Euro verschlingt. Das sind 40 Prozent
dessen, was der Maßnahmenkatalog des Fuß- und Radentscheid kosten wird.
Für das Geld kann man z.B. ein paar Dutzend Kreuzungen
sicherer machen.
Die Flüssigkeit des Kraftverkehrs ist nicht gottgegeben.
Aber leider steht sie bis heute im Gesetz.
In Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung ist die
Freiheit, anderen das Leben zu nehmen – auch bekannt als schnelles Fahren –,
höher angesiedelt als die Gesundheit der ungeschützten Verkehrsteilnehmer. Hier
ist der Bundesverkehrsminister am Zug.
Ride
of Silence am 17. Mai 2023
Zwischenkundgebung
vor Baumeisterstraße 12
Redner: Ulrich Eilmann
Redemanuskript – es gilt das gesprochen
Wort.
Am 21. Mai 2022 wurde an dieser Stelle Martin Scheffer beim
Linksabbiegen von einem PKW erfasst und schwer verletzt. Martin Scheffer war
allen, die ihn kannten als umsichtiger Radfahrer bekannt. Er hinterlässt eine
Frau mit zwei Kindern, eine Mutter und eine Schwester mit ihrer Familie. Laut
Polizeibericht hat er die Richtungsänderung angezeigt und ist dann sofort, ohne
sich um den rückwärtigen Verkehr zu kümmern direkt abgebogen. So steht es im
Polizeibericht. Martin Scheffer wurde in das städt. Klinikum eingeliefert und
dort ins künstliche Koma gelegt. Er starb am 03. Juni 2022 an den Folgen seiner
Verletzungen, ohne noch einmal das Bewusstsein erlangt zu haben. Das Verfahren
gegen die PKW-Fahrerin wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
Was bleibt ist die große Trauer und Unwissen.
Wir wissen nicht, ob sich der Unfall so zugetragen hat.
Wir wissen nicht, ob der Unfall hätte verhindert werden können.
Wir wissen nicht, ob das Tragen eines Helmes die Todesfolge hätte abwenden
können.
Dieses Ghostbike soll uns an Martin Scheffer erinnern und
der Familie, den Radfahrenden und allen Verkehrsteilnehmenden ein Ort des
Innehaltens sein.
Es soll an den unnötigen Tod eines Menschen im Straßenverkehr erinnern und alle
zur gegenseitigen Rücksicht mahnen.
Bei all dem Unwissen gibt es eine Gewissheit:
Es gibt Leute, die die Trauer der Angehörigen missachten und ohne Rücksicht auf
die Gefühle Anderer immer wieder die Gedenktafel mutwillig abreisen und die
Ventile entwenden.
Dieses Verhalten ist pietätlos und zu tiefst verstörend
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen