Mittwoch, 17. Mai 2023

Ride of Silence Rückblick, 50 sind mitgeradelt zu den 3 Ghostbikes

Ride of Silence Rückblick, 50 sind mitgeradelt zu den 3 Ghostbikes

Bei Sonnenschein fanden sich 50 Radlerinnen und Radler am Marktplatz vor dem Rathaus ein. SWR und Zeitung waren vor der Abfahrt auch da. Im Gegensatz zu einer Critical Mass ging es bei Ride of Silence, wie der Name zum Anlass ausdrückt, ruhig zu: keine Musik und auch nicht das übliche Klingeln.
Die erste Station war in der Baumeisterstraße am Theater, wo nochmal des Bühnenarbeiters gedacht wurde, der 2022 beim links abbiegen von einem Auto angefahren wurde und so schwer verletzt wurde, dass er einige Tage später im Krankenhaus verstarb. Es war noch einmal ein sehr bewegender Moment, Angehörige waren am Ghostbike und auch Uli versagte in Trauer die Stimme. Er wies auch mit Unverständnis auf die Pietätlosigkeit einiger unbekannter Mitmenschen hin, die immer wieder das Gedenkschild zerstören und das Rad verschandeln.
Weiter ging es zum Durlach-Center, wo seit 2020 ein Ghostbike eines Radlers gedenkt, der dort von Durlach kommend von einem aus der Oststadt kommenden Auto übersehen wurde und dabei tödlich verletzt wurde. Als Sofortmaßnahme wurden die riesigen Reklametafeln entfernt, die die Sicht versperrten. Maßnahmen, die den dortigen Verkehr, der jetzt noch rein auf reibungslosen Autoverkehr ausgerichtet sind, sind noch auf die lange Bank geschoben. Darauf wurde bei der Kundgebung hingewiesen.
Das nächste und letzte Ghostbike war bei der Brücke auf dem Herdweg über die Autobahn, wo 2022 eine 82-jährige fitte Alltagsradlerin auf dem schmalen Fuß- und Radweg wahrscheinlich von einem Rollerfahrer touchiert wurde und dabei so unglücklich stürzte, das sie das später im Krankenhaus nicht überlebte. Der Radweg ist zwar durch Leitplanken von der Straße getrennt, auf der Straße fahren viele Lastzüge, sodass man nur auf dem schmalen Radweg radeln kann. Hier braucht es auch eine größere Lösung, bei der diese Engstelle entschärft werden muß. Aber hier hat auch die Autobahn GmbH mitzureden.
So ging es nicht nur um das Gedenken sondern auch um Ursachenforschung und die Aufforderung an die zuständigen Verantwortlichen, Lösungen zu realisieren, die sich daran orientieren, das Radler und Fußgänger sicher ihren zugehörigen Platz bekommen.
Denn Verkehrswende gelingt nur, wenn sie für alle sicher ist.

Am Ghostbike Herdweg hielt Tanja Dopf vom ADFC folgende Ansprache:

"Dieses Ghostbike erinnert an die 82jährige Karin Weber, eine fitte
Alltagsradlerin, die in Folge eines Sturzes oben auf der Brücke am
Folgetag verstarb.
Zum Sturz kam es, weil ein 55-jähriger Fahrer eines Motorrollers zu dicht
vorbeifuhr und sie vermutlich streifte.
Schon 2017 kam es an dieser Bücke zu einem schweren Unfall zwischen
Radfahrenden - einfach, weil der Radweg viel zu schmal ist und
Begegnungen nicht problemlos möglich sind. Laut Stadtverwaltung kommt es
auch immer wieder zu Böschungsstürzen, weil Menschen vom schmalen Weg
abkommen. Daher steht das Ghostbike auch hier unten und nicht oben auf
der Brücke.
Man könnte Abhilfe schaffen, wenn man wollte. Dazu müsste man eine
Autospur umwidmen. Daß das geht, sieht man in der Ortenau, wo es zwei
solcher Lösungen gibt, zumal dies hier eine Radhauptroute ist.
Es kann nicht sein, dass nichts voran geht, nur weil man Schwierigkeiten
mit der Autobahn GmbH. des Bundes vermutet und dafür schwere Unfälle von
und mit Radfahrenden in Kauf nimmt.
Hier muss gehandelt werden - mehr als nur Büsche schneiden!"

Für den Auftakt vor dem Rathaus und dem Ghostbike in der Baumeisterstraße hat mir Michael Reichert die Redemanuskripte geschickt:

Ride of Silence am 17. Mai 2023

Auftaktkundgebung

Rednerin: Katrin Hillenbrand
Redemanuskript – es gilt das gesprochene Wort.

Vielen Dank, dass ihr alle heute so zahlreich erschienen seid.

Wir sind heute hier, um im Rahmen des Ride of Silence denjenigen zu gedenken, die in den vergangenen Jahren im Straßenverkehr getötet wurden.

In Karlsruhe stehen derzeit fünf Ghostbikes. Den drei neuesten statten wir heute einen Besuch ab.

An jedem der drei Ghostbikes wird es eine kurze Ansprache geben.

Verkehrsunfälle sind kein Schicksal, sondern eine Folge von technischem Versagen oder – weitaus häufiger – menschlichem Versagen. Während bei Autos eine Blechhülle kleine Fehler verzeiht, führen Zusammenstöße bei zu Fuß Gehenden und Radfahrenden fast immer zu Verletzungen.

Jährlich werden ein bis zwei Radfahrende in Karlsruhe im Straßenverkehr getötet.

Der Gemeinderat hat im Jahr 2005 mit dem 20-Punkte-Programm eine Reduktion der Anzahl der schwerverletzten Radfahrenden um 25 Prozent gefordert. Zwar ist der Radverkehrsanteil mittlerweile mehr als doppelt so groß, die Anzahl dieser Unfälle ist unverändert hoch.

Der Gemeinderat hat im Oktober 2021 das Karlsruher Programm für Aktive Mobilität beschlossen. Dieses fordert die Reduzierung dieser Zahl um 50 Prozent bis zum Jahr 2030. Bis 2035 soll es gar keine Fahrrad- und Fußgänger[1]Unfälle mit schweren Personenschäden mehr geben.

Diese Vision Zero ist mit dem aktuellen Vorgehen unerreichbar. Es genügt nicht, sich auf ein paar wenige Unfallhäufungsstellen zu konzentrieren, wo aber nur ein kleiner Teil der Unfälle überhaupt geschieht.

Der zweite Platz im Fahrradklimatest darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass unsere Straßen immer noch für die Flüssigkeit des Autoverkehrs gebaut sind und entworfen werden.

Es bedarf einer Prioritätensetzung, die ganz klar „Sicherheit vor Leichtigkeit“ lautet. Es darf nicht sein, dass die Flüssigkeit des Kraftverkehrs wichtiger ist als die Sicherheit der Radfahrenden, die bei grüner Ampel geradeaus fahren und dabei gerammt werden. Straßen müssen so gebaut sein, Ampeln müssen so geschaltet sein, dass kleine Fehler nicht zu Unglücken führen.

Es darf nicht sein, dass eine Gefahrenstelle nicht nachhaltig beseitigt werden wird, weil eine Umfahrungsstraße für Hagsfeld zur Förderung des Autoverkehrs 70 Millionen Euro verschlingt. Das sind 40 Prozent dessen, was der Maßnahmenkatalog des Fuß- und Radentscheid kosten wird.

Für das Geld kann man z.B. ein paar Dutzend Kreuzungen sicherer machen.

Die Flüssigkeit des Kraftverkehrs ist nicht gottgegeben. Aber leider steht sie bis heute im Gesetz.

In Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung ist die Freiheit, anderen das Leben zu nehmen – auch bekannt als schnelles Fahren –, höher angesiedelt als die Gesundheit der ungeschützten Verkehrsteilnehmer. Hier ist der Bundesverkehrsminister am Zug.

 

Ride of Silence am 17. Mai 2023

Zwischenkundgebung vor Baumeisterstraße 12

Redner: Ulrich Eilmann
Redemanuskript – es gilt das gesprochen Wort.

Am 21. Mai 2022 wurde an dieser Stelle Martin Scheffer beim Linksabbiegen von einem PKW erfasst und schwer verletzt. Martin Scheffer war allen, die ihn kannten als umsichtiger Radfahrer bekannt. Er hinterlässt eine Frau mit zwei Kindern, eine Mutter und eine Schwester mit ihrer Familie. Laut Polizeibericht hat er die Richtungsänderung angezeigt und ist dann sofort, ohne sich um den rückwärtigen Verkehr zu kümmern direkt abgebogen. So steht es im Polizeibericht. Martin Scheffer wurde in das städt. Klinikum eingeliefert und dort ins künstliche Koma gelegt. Er starb am 03. Juni 2022 an den Folgen seiner Verletzungen, ohne noch einmal das Bewusstsein erlangt zu haben. Das Verfahren gegen die PKW-Fahrerin wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Was bleibt ist die große Trauer und Unwissen.
Wir wissen nicht, ob sich der Unfall so zugetragen hat.
Wir wissen nicht, ob der Unfall hätte verhindert werden können.
Wir wissen nicht, ob das Tragen eines Helmes die Todesfolge hätte abwenden können.

Dieses Ghostbike soll uns an Martin Scheffer erinnern und der Familie, den Radfahrenden und allen Verkehrsteilnehmenden ein Ort des Innehaltens sein.
Es soll an den unnötigen Tod eines Menschen im Straßenverkehr erinnern und alle zur gegenseitigen Rücksicht mahnen.

Bei all dem Unwissen gibt es eine Gewissheit:
Es gibt Leute, die die Trauer der Angehörigen missachten und ohne Rücksicht auf die Gefühle Anderer immer wieder die Gedenktafel mutwillig abreisen und die Ventile entwenden.
Dieses Verhalten ist pietätlos und zu tiefst verstörend



Christa hat diesmal Bilder der Tour eingefangen, danke dafür:
Einige sind auch stilecht weiß gewandet geradelt, passend zu den weiß gestrichenen Ghostbikes. Danke allen, die weß mitgeradelt sind :-) und natürlich allen anderen auch !!!
Der Ride of Silence wurde das erste mal 2003 in Dallas Texas begangen. Inzwischen wird er weltweit in 340 Städten in 20 Ländern immer am 3 Mittwoch im Mai abgehalten. 















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