Critical Lichter-Mass am 24.11.2023 über große Autostraßen zur noch fahrradunfreundlichen *) Messe - 15 km
*) siehe Anmerkung am Ende des Posts
Die dunkle Jahreszeit hat begonnen. Viele Radfahrende sind jetzt bei
Dunkelheit unterwegs. Licht wird das Motto der Critical Mass am 24.
November 2023 sein. Schmückt eure Fahrräder und kommt um 18:00 Uhr zum
Kronenplatz. Beachtet bitte die Vorgaben am Ende dieses Texts.
Die 15,2 km lange Route führt dieses Mal durch den
Karoline-Luise-Tunnel, um dieses finstere Beton-Denkmal der
Autozentriertheit zu erleuchten. Anschließend führt die Route über die
Kraftfahrstraße L 605 und die B 36 zur Messe in Rheinstetten, die sich
trotz ihrer Fahrradfeindlichkeit mit dem Namen Karlsruhe schmücken darf.
Anschließend geht es über Grünwinkel und Mühlburg zum Gutenbergplatz.
Die StVZO macht für “lichttechnische Einrichtungen” an Fahrrädern rigide
Vorgaben. Während die Blendfreiheit der Scheinwerfer eine sinnvolle
Vorgabe ist – bloß manche Radfahrende halten sich nicht dran –, gehören
andere endlich mal auf den Prüfstand. Beispielsweise sind bis heute an
den Pedalen gelbe Rückstrahler vorgeschrieben. Für diese beantragte und
erhielt der SS-Hauptsturmführer und Hitlers Chauffeur Anton Loibl im
Jahr 1937 ein Patent. Seit diesem Jahr fordert die StVZO
Pedalrückstrahler nach seinem Patent. Er kassierte Lizenzgebühren.
Noch immer verlangt die StVZO Rückstrahler an Pedalen, obwohl dank
LED-Lichttechnik selbst billige Scheinwerfer und Rücklichter früher zu
sehen sind und eine Standlicht-Funktion üblich geworden ist. Fahrräder
besonderer Bauform (z.B. Velomobile, Velocars), aber auch Fahrräder mit
Anhängern, scheint es in der Gedankenwelt des Bundesverkehrtministeriums
nicht zu geben. Bei ihnen sind die Pedale von hinten nämlich gar nicht
sichtbar.
Die technisch nicht mehr begründbare Vorgabe für die Spannung eines
Dynamos und das Verbot batteriebetriebener Lichter wurden
zwischenzeitlich gestrichen. Reflektorstreifen an Reifen sind zwar
zulässig geworden, sie müssen aber weiß sein. An Autos lässt der
Gesetzgeber der Ästhetik mehr Spielraum, bei Fahrrädern besteht er auf
weiß auf schwarz, obwohl auch schwarze Streifen reflektieren könnten.
Die noch besser sichtbaren weiß reflektierenden Speichensticks sind zwar
zulässig, aber JEDE Speiche muss ausgestattet sein. Manche Laufräder
haben nur wenige Speichen und können daher fast ohne Reflektoren legal
unterwegs sein (drei Speichen = drei Speichesticks = legal).
Diese Logik ist nicht nachvollziehbar. Lichttechnische Einrichtungen,
die mit dem Fahrrad fest verbunden sind, sind unzulässig, außer sie sind
explizit in der StVZO erwähnt und mit Prüfzeichen versehen. Daher darf
im Falle des Drei-Speichen-Rads kein weißes, reflektierendes Band auf
die Felge geklebt werden, obwohl es wie ein legaler
Reifen-Ring-Reflektor aussehen würde.
Gegen diese alternative StVZO-Logik leuchten wir an. Schmückt zur
Lichter-CM eure Räder kreativ, vielfältig und farbenfroh. Bevor ihr die
Lichterketten dieses Jahr an euren Balkon hängt, kommt mit ihnen zur
Lichter-CM. Dekoriert eure Anhänger oder zieht euch ein Leucht-Gewand
an. Eurer Kreativität sind nur folgende Grenzen gesetzt:
Euer Fahrrad muss mit der Pflicht-Ausrüstung in Bezug auf Bremsen und
Licht nach StVZO ausgestattet sein. Vergesst die Klingel nicht, wir
wollen gehört werden.
Außerhalb der Versammlung dürft ihr eure Extra-Lichtlein nicht fest ans
Fahrrad anbringen oder verwenden.
Eure Lichtlein dürfen nicht blau leuchten. Sie dürfen nicht blinken und andere nicht blenden.
Setzt blinkendes Licht sparsam und dezent ein.
Offenes Feuer ist verboten.
Straßenliste:
Kronenplatz
Fritz-Erler-Straße
Kriegsstraße bis Ritterstraße
Karoline-Luise-Tunnel bis Hirschstraße
Kriegsstraße
Brauerstraße
L 605 bis Pulverhausstraße
Pulverhausstraße
Durmersheimer Straße (stadtauswärts)
B 36 bis Messestraße (Rheinstetten)
Messestraße
Parkplatz P2
Weg zwischen P2 und Haupteingang/VIP-Parkplatz
Zwischenkundgebung (5 bis 10 Minuten) auf dem VIP-Parkplatz (nördlich
Busparkplatz)
B 36 Richtung Karlsruhe
Durmersheimer Straße
Blohnstraße
Michelinstraße
Vogesenbrücke
Am Entenfang
Rheinstraße
Kaiserallee (Hauptfahrbahn) bis Uhlandstraße
Kaiserallee (Nebenfahrbahn)
Nelkenstraße
Gutenbergplatz
(Michael Reichert)
Meine Anmerkung, Plädoyer für Rückstrahler an den Pedalen
Ich radle immer wieder auch auf unbeleuchteten Radwegen, wie zum Beispiel an der Alb entlang oder Verbindungswege wie zwischen Hagsfeld und Oststadt. In der Ferne sehe ich dann und wann, wie Reflektoren permanent rauf und runter leuchten, im Takt, wie man Pedale tritt. Sie erregen auf jeden Fall meine Aufmerksamkeit, ich bin darauf eingestellt, dass mir ein unbeleuchtetes Fahrrad begegnet oder vor mir unterwegs ist.
Wer auf einem unbeleuchteten Fahrrad unterwegs ist, ist fatalerweise oft auch unsichtbar dunkel gekleidet.
Genau für diese an sich verkehrswidrige Situation sind die Rückstrahler an den Pedalen gedacht. Sie sind immer vorhanden, sofern man das Fahrrad nicht ganz vernachlässigt, sie funktionieren ohne Akkus, man kann sie nicht vergessen. Und wenn man selber lichtstarke Scheinwerfer hat, ist die Reflektion der gegnerischen Pedale um so besser zu erkennen, das hat man selber mit der eigenen guten Beleuchtung in der Hand.
Ich gebe recht, wenn alle vorschriftsmäßig beleuchtete Fahrräder fahren, braucht man diese Rückstrahler nicht. Aber die Wirklichkeit ist eine andere. Ich ärgere mich immer wieder über unbeleuchtete Fahrräder und bin dann dankbar für noch so kleine bewegliche Warnhinweise. Deshalb mein Plädoyer für Pedale mit Rückstrahlern.
(Cornelius)
Anmerkung zur Fahrradfreundlichkeit bzw. Fahrradunfreundlichkeit der Anfahrt zur Messe Karlsruhe:
Warum man die Messe Karlsruhe noch als fahrradunfreundlich bezeichnen kann
Im Aufruf zur Critical Mass am 24. November 2023 bezeichnen
wir die Messe Karlsruhe als „fahrradfeindlich“.
Die Messe wollte das nicht auf sich sitzen lassen und hat
uns darauf hingewiesen, was sie alles für
Radfahrende bis jetzt realisiert oder in der Planung hat:
* neue Fahrradständer südlich des Haupteingang
* geplante Fahrradständer nördlich des Haupteingangs und am
Eingang Ost
* eine in Prüfung befindliche Überdachung der
Fahrradständer
* Nextbike-Station an der Haltestelle Leichtsandstraße
* Bewerbung des Radverkehrs auf der Website
* An der Info-Theke kann Fahrradreparatur-Werkzeug
ausgeliehen werden. Dort seien auch Fahrradschläuche erhältlich. Laut
Messeverwaltung sei das einmalig bei einer deutschen Messe.
* Weiterhin wurden im Haupteingangsbereich
Akku-Lademöglichkeiten für E-Bikes geschaffen
Zudem setze man sich für eine Anbindung der Messe an den
Radschnellweg ein.
Das ist alles löblich, aber die schönsten Fahrradständer
und Fahrradreparaturstationen sind von geringem Wert, wenn die komplette
Zuwegung zur Messe exklusiv auf den Kfz-Verkehr ausgerichtet ist, obwohl sie
für Alltagsradlerinnen und Alltagsradler in bequemer Distanz zur Stadt und zum
Hauptbahnhof liegt.
Denn egal aus welcher Richtung man sich der Messe mit dem
Fahrrad nähert. Man kann sie nicht auf direktem Wege erreichen.
Wer auf dem Radweg auf der Westseite der B 36 fährt, darf
diese an der Kreuzung B 36 / Leichtsandstraße auf Höhe der Messe nicht ebenerdig
überqueren. Dort befindet sich nur eine Unterführung, zwischen Radweg und
Unterführung existiert aber nur eine Treppe.
Zudem dient die Unterführung primär den zu Fuß Gehenden zwischen Messe
und Stadtbahnhaltestelle, sie hat nicht einsehbare Ecken.
Von Karlsruhe kommend gibt es zwar zwischen der
Heidenstückersiedlung und der Messe noch einen asphaltierten Feldweg auf der
Ostseite der B 36. Dieser endet jedoch nördlich der Auto-Parkplätze. Wer zum
Haupteingang will, muss eine Dreiviertels-Ehrenrunde um das Gelände drehen, da
der direkte Weg über den Auto-Parkplatz und dessen Gehweg zum Haupteingang hin
für Fahrräder gesperrt ist.
Anmerkung:
=>Diese Probleme zeigte Heiko
Jacobs schon in der Ausgabe 3/2003 der Umwelt & Verkehr <= auf. Sein damaliger
Artikel ist im Groben und Ganzen noch aktuell.
Seine =>Foto-Dokumentation aus dem Jahr 2010<= ergänzt
spätere Entwicklungen. Auch danach ist der Weg zur Messe kein bisschen
fahrradfreundlicher geworden.
Ausblick:
Es
gibt noch einiges zu tun und zu verbessern, aber die Antwort der Messe eröffnet
positive Ausblicke:
Durch die Reaktion auf das Wort
"fahrradfeindlich" wurde in der Antwort der Messeleitung deutlich gemacht, dass die Messe
selber stark interessiert ist, dass die
Zufahrt zur Messe fahrradfreundlich gestaltet wird und in das Karlsruher Fahrradnetz eingebunden wird.
Die Messe und die Stadt Karlsruhe sind
im Gespräch. Das sind positive Aussichten, auch wenn es seit der Planung von 2003 jetzt 20 Jahre
sind, bis die Versäumnisse von damals für den Fahrradverkehr korrigiert werden.
Was
auf die schnelle gelöst werden könnte:
Bis
der Radschnellweg gebaut wird, wird noch mindestens ein halbes Jahrzehnt
vergehen. Mit folgenden einfachen Maßnahmen könnten die gröbsten Defizite aber
binnen weniger Wochen oder Monate behoben werden:
• direkte Verbindung
Heidenstückersiedlung (Feldweg auf der Ostseite der B 36) und
Messe-Haupteingang legalisieren, z.B. als Gehweg mit Radverkehrsfreigabe
• ebenerdiges Überqueren der B 36 für
Radfahrende an der Kreuzung
B 36 / Leichtsandstraße erlauben und von der Messe
kommend die Ampelanlage um ein fehlendes Signal ergänzen.
(Michael Reichert, Uwe Lancier, Cornelius Berkmann)